Wanderung nach Castelluccio

Pisciotta-Rodio

Der ringförmige Wanderweg, der hinter Pisciotta in die Hügel-Macchia führt, bringt uns gleich in eine spröde Natur. Schmale Maultierpfade, steiles Auf und Ab auf spitzem Gestein und eine Vegetation, die alles überwuchern möchte. Francesco D’Amato, Kultur-Assessor, berichtet uns über seine Erfahrungen im Trekking.

Beschreibung der Wanderung nach Castelluccio

Der Start und das Ende dieser Wanderung ist die Piazza R. Pinto im mittelalterlichen Pisciotta. Zuerst geht es in Richtung Palinuro, aber schon nach 200 m geht es aufwärts zur Lokalität “Riulà”. Das Schauspiel beim Start ist typisch für diese Landschaft:” Oliven, Oliven und immer noch Oliven wie Schafsherden”, beschrieb es der Dichter Ungaretti in seinem “Viaggio per il mezzogiorno” (Reise in Süditalien). Tatsächlich werden die hundertjährigen Olivenhaine  der Qualität “pisciottana” nur durch bunte Gemüse- und Obstgärten unterbrochen, die um den Ort herum wachsen, der sich auf einen Hügel (175 m) über der See anklammert. 

Nach kaum einem Kilometer kommen wir an die erste Attraktion: Eine alte Wassermühle, die schon lange ausser Betrieb ist. Wir nähern uns dem eindrucksvollen Bau, indem wir den Bach “Fiore” über einer herrlichen Steinbrücke, die der Form nach “Eselsrücken” genannt wird, ein echtes architektonisches Meisterwerk.

Wir wandern weiter und lassen die Mühle linker Hand zurück. Der Aufstieg ist anfänglich felsig, und wir atmen die betäubenden Gerüche der Macchia ein: Myrte, Mastixbaum, Zistrosen, Johannisbeerbäume, Lorbeer, Ginster. Nach einem weiteren Kilometer ändert sich der Ausblick radikal. Das angenehme Rauschen des Baches Fiore verlässt uns, denn nun befinden wir uns auf der anderen Seite des Hügels. Hier gibt es weniger Sonne, und die Vegetation wird dichter. Pappeln, Steineichen, Erlen und noch höher Esskastanien schliessen sich bogenartig über uns zusammen und somit ist dieser Teil sehr angenehm und keineswegs mühsam.

Auf unserem Wanderweg werden wir von Vögeln verschiedener Art begleitet. Besonders zahlreich sind Falken, Amseln, Krähen etc. Der Frühling tischt uns seine Farben auf , die vom Gelb des Ginster zum Weiss der Zistrosen, vom glitzernden Grün der Pappeln zum Dunkelgrün der Mastixbäume gehen. Der Anblick ist einmalig.

Nach der ersten Stunde gelangen wir auf ca. 450 m Höhe zur Lokalität “Rungi”, wo die Szene zum dritten Mal wechselt. Plötzlich stossen wir aus dem Schatten der Kastanien Wälder auf eine breite, flache Strasse, an deren Seite alte Häuser stehen und eindrucksvolle Weinberge wachsen. Die Ausblicke sind wunderschön, und man kann sich eine Weile entspannen, denn die Strasse geht flach weiter. Man kann den hinterlegten Weg sehen. Nun sind wir in der Lokalität “ Piano  del campo”, und eine Pfeilmarkierung zeigt uns den Aufstieg nach “Castelluccio. Wir wander mühelos, den es geht sanft nach oben ( in zweieinhalb Stunden und ca. 7 Km kommen wir von 175 auf 701 m.) Eine Strauchart ist jetzt besonders dominierend, und zwar der Erdbeerbaum. Es ist ein typischer Busch der Macchia Vegetation, aber hier haben sich die Büsche zu 12 m hohen Bäumen  und richtigem Wald entwickelt. Zu dieser Jahreszeit können wir im Unterholz weit ausgebreitete Flächen Walderdbeeren finden. Somit verlängert sich die Gehzeit, was wir aber nicht bedauern. 

Tatsächlich gibt es kaum eine Jahreszeit, in der die Natur, die sich hier in ihrer Grossartigkeit am Besten zeigt, dem respektvollen und aufmerksamen Besucher nicht ihre Früchte beschert: Brombeeren, Walderdbeeren, Esskastanien, Nüsse, Kirschen, Aprikosen, Feigen und vieles mehr.

Eine weitere Stunde ist verflossen, und endlich befinden wir uns am Fuss des Hügels “Castelluccio”, wo  ein Picknickplatz auf uns wartet. Nun können wir unser reichhaltiges Lunchpaket verzehren. Gestärkt gehen wir weiter, um noch die paar hundert Meter zur Spitze zu laufen. Die Aussicht ist der Höhepunkt dessen, was wir unterwegs nur in kleinen Ausschnitten mitbekamen. Von dieser Höhe aus übersieht man fast den ganzen Cilento. Der Blick schweift vom Monte Stella (1131 m)  zum Monte Bulgheria (1226 m), dann weiter zum Monte Gelbison (1701m) und dem Monte Cervati (1998 m). Ubers Meer schaünd geht der Blick von Kap Palinuro bis Punta Licosa. Die Bergdörfer des inneren Cilentos Liegenden uns  zu Füssen, wie auch die breiten Flusstäler des Lambro und Mingardos. Man benötigt ungefähr 10 Minuten, um die gesamte Landschaft, die sich  vor uns ausbreitet, in sich aufnehmen zu können. Fast hätten wir die Ruinen des militärischen  Vorpostens (III. Jahrh v. C.) der antiken, griechischen Stadt Elea (Heimat von Parmenides und Zenon, Wiege der westlichen Philosophie) übersehen.

Nachdem wir uns ausgeruht und die guten Produkte des Cilento genossen haben, ist es Zeit, weiterzugehen in Richtung Nord. Die Strasse ist genau das Richtige, um unsere Verdauung zu fördern und uns den Marschrythmus zu geben. In einer Stunde geht es von 701 m auf 633 m abwärts, und wir befinden uns jetzt auf einem Plateau. Die Bezeichnung “le serre” bedeutet, dass wir auf dem Kamm eines aussichtsreichen und von Vegetation überschwelgenden Hügels  wander. Hohe Kastanienbaume umgeben uns jetzt und nachdem die Strasse vorher breit und sonnig war,  begeben wir uns nun auf einen schmaleren Weg, der durch dichte Vegetation führt. Dieser alte Weg wurde früher von Briganten und Bauern mit ihren Tieren benutzt und ist eigentlich der schönste und faszinierendste Teil der Wanderung. Es geht weiterhin abwärts, und auf der linken Seite wird es lichter. Wir sind am Belvedere “Acqua della castagna”, inmitten von Erdbeerbäumen, die auf 600 m die Kastanien ersetzt haben. Ausserdem treffen wir auf einen grossen Felsbrocken, der wie ein Trampolin über den Abhang ragt. Unter uns haben wir den Ausblick auf Pisciotta mit dem vorgelagerten Meer, einfach atemberaubend! Wir müssen uns aber von dieser Aussicht fortreissen, und nun geht es schnell abwärts. Wir nähern uns dem bewohnten Gebiet (450 m), wandern unter uralten Olivenbäumen, zwischen Obstgärten, und beim Anblick der reifen Früchte wird unser Mund wässrig!

Nach vier Stunden Wanderung sind wir am Belvedere S. Bernardino,  Gabelung zwischen Rodio und Pisciotta. Zur Zeit der Griechen hatten sich hier basilianische Mönche niedergelassen und ein kleines Kloster errichtet (VII Jahrh n. C.). Weiter geht es auf einer gepflasterten Strasse, die aber in keinem guten Zustand  und von charakteristischen Trockenmauern eingesäumt ist. Die Olivenbäume, die man hier sieht, sind echte Monumente und erreichen eine Höhe von 15 m.

Wir sind in der Lokalität “Valle” angelangt und fast am Ziel. Der letzte  Teil ist via Tuvolo, eine lange Treppengasse aus Kalkstein, die uns direkt zur Piazza bringt, von wo wir gestartet sind.

Unsere Wanderung ist zu Ende, aber wir sind überzeugt, dass Sie sie noch lange in guter Erinnerung haben werden.  

“.....den Blick zurückwenden und nochmals die Schritte betrachten....” , wie der grösste Dichter sagte, wird ein Grund zum Stolz und ein gutes Omen für ein nochmaliges Wiedersehen sein.

Die “Castelluccio” Wanderung ist kurz gesagt all das, was der Cilento zu bieten hat: Natur, Archäologie, Architektur, Bauern Traditionen, typische Produkte, Meer und.....viel, viel saubere Luft!